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„Macht uns das Leben als Branche nicht unnötig schwer“, appellierte Werner Stolz, Hauptgeschäftsführer des Interessenverbandes Deutscher Zeitarbeitsunternehmen e.V., in seiner Begrüßungsrede des Potsdamer Rechtsforums an die Politik. Das Rechtsforum sei mittlerweile eine „iGZ-Marke“ und verzeichne mit rund 300 Teilnehmern einen neuen Rekord.

AÜG-Reform unter Beschuss der Referenten

„Macht uns das Leben als Branche nicht unnötig schwer“, appellierte Werner Stolz, Hauptgeschäftsführer des Interessenverbandes Deutscher Zeitarbeitsunternehmen e.V., in seiner Begrüßungsrede des Potsdamer Rechtsforums an die Politik. Das Rechtsforum sei mittlerweile eine „iGZ-Marke“ und verzeichne mit rund 300 Teilnehmern einen neuen Rekord.

Dr. Hans-Michael Dombrowsky, Geschäftsführer Allgemeiner Verband der Wirtschaft Berlin-Brandenburg (AWB), ging in seinem Vortrag auf die Besonderheiten der Region Berlin-Brandenburg ein und führte aus, wie sich die aktuelle AÜG-Diskussion auf den Wirtschaftsbereich auswirkt. Prof. Dr. Martin Franzen, Inhaber des Lehrstuhls für deutsches, europäisches, internationales Arbeitsrecht und Bürgerliches Recht an der Universität München, referierte zu den Neuregelungen des AÜG.

Europarechtliche Einordnung

Prof. Dr. Wolfgang Hamann, Inhaber des Lehrstuhls für Wirtschaftsprivat- und Arbeitsrecht an der Universität Duisburg-Essen, ordnete in seinem Vortrag die AÜG-Reform europarechtlich ein. Die Frage sei, ob die Dauerüberlassung trotz der neuen Reform noch möglich sei. „Was nicht erfasst wird, kann auch nicht verboten werden“, begründete Hamann diese Sichtweise.

Einigkeit der Referenten

Hamann sah den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers durch die EU nicht eingeschränkt. Er vertrat damit eine andere Auffassung als Franzen. Schon früher habe es in Deutschland verschiedene Überlassungshöchstgrenzen gegeben, und aktuell existieren sie in verschiedenen europäischen Staaten. Die EU sehe darin anscheinend keinen Verstoß gegen Unionsrecht. Einig kritisierten beide, dass die Zeitarbeitsbranche tariflich keine Höchstüberlassungsdauer festlegen dürfen soll.

Verfassungsrechtliche Bedenken

„Der Regierungsentwurf erhält den europäischen TÜV Stempel nur mit Einschränkungen“, lautete das Fazit von Hamann zur AÜG-Reform. Es müsste die sachgrundbefristete Anstellung eines Zeitarbeitnehmers geben, die ergänzt werde durch die sachgrundlose Befristung, für die die Höchstüberlassungsdauer gelte. Das sei aber nicht möglich. „Hier kann man auch an eine Verfassungswidrigkeit denken“, äußerte Hamann. Auch die unterschiedliche Behandlung der Branchen sei heute nicht mehr gerechtfertigt: Das generelle Verbot der Überlassung ins Bauhauptgewerbe sei verfassungswidrig, stellte Hamann seine Meinung dar.

Berechnungsprobleme bei Equal Pay

„Equal Pay bedeutet ein Berechnungsproblem“, erklärte Prof. Dr. Frank Bayreuther, Inhaber des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht und Arbeitsrecht an der Universität Passau. Bayreuther wies darauf hin, dass bei Anwendung der Branchenzuschlagstarife nicht nach 15 Monaten Equal Pay gelte. Stattdessen müsse ein Arbeitsentgelt gezahlt werden, das mit dem tarifvertraglichen Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer der Einsatzbranche gleichwertig sei. Das Vergleichsentgelt beim Kunden sei demnach nicht entscheidend. Dies stelle eine deutliche Vereinfachung der Entgeltermittlung dar. In Bezug auf Equal Pay ohne Branchenzuschläge stelle sich ein Berechnungsproblem: „Und das sehe ich als außerordentlich problematisch an.“

Arbeitszeitkonten

„Auch heute gilt schon der Gleichbehandlungsgrundsatz, es sei denn Sie nehmen Bezug auf die Tarifverträge der Zeitarbeitsbranche“, erklärte Alexander Bissels, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Kanzlei CMS Hasche Sigle, mit Hinblick auf das geplante Equal Pay. In Bezug auf Arbeitszeitkonten bei einsatzfreien Zeiten erläuterte er: Wenn der Zeitarbeitnehmer nicht eingesetzt werden könne, sei es zulässig, Stunden des Arbeitszeitkontos abzubuchen. Die Diskussion um dieses Vorgehen sei aber noch nicht abgeschlossen, da die Landesarbeitsgerichte hierzu unterschiedliche Urteile fällten.

Betriebsvereinbarungen

Dr. Barbara Reinhard, Fachanwältin für Arbeitsrecht, Kanzlei Kliemt & Vollstädt, wies darauf hin, dass nach dem aktuellen AÜG-Entwurf eine Unterbrechung von mehr als drei Monaten zwischen den Einsätzen des gleichen Zeitarbeitnehmers bei demselben Unternehmen eingehalten werden muss. Genau genommen bedeute dies drei Monate und einen Tag. Außerdem machte sie auf schwierige Fragen und Fallstricke von Betriebsvereinbarungen aufmerksam, beispielsweise die Frage der Zuständigkeit des Betriebsrats in Bezug auf Zeitarbeitnehmer.

Gesetzesentwurf noch nicht endgültig

Dr. Martin Dreyer, stellvertretender iGZ-Hauptgeschäftsführer, betonte in seinem Schlusswort, dass weiter für konkretere und praxistaugliche Regelungen von Equal Pay gekämpft werde. Auch in Bezug auf die Tariföffnungsklausel sei das letzte Wort noch nicht gesprochen: Die Zeitarbeitsbranche kann nach aktuellem Gesetzesentwurf für die Höchstüberlassungsdauer keine eigenen Tarifverträge abschließen. „Das geht einfach nicht, da habe ich heute einen Konsens festgestellt“, kommentiert Dreyer. (AA)