4. Potsdamer iGZ-Rechtsforum

Ein Signal gleich zum Auftakt: Mit einer richtungsweisenden Grundsatzrede zu den Themen Flüchtlingspolitik und Zeitarbeit sowie zu den weiteren geplanten gesetzlichen Regulierungen der Branche begrüßte iGZ-Hauptgeschäftsführer RA Werner Stolz die rund 270 Gäste des 4. iGZ-Rechtsforums in Potsdam.

Dr. Ursula Hantl-Unthan, Präsidentin des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg, unterstrich in ihrem Grußwort die Position der Zeitarbeitsbranche in Gesellschaft und Wirtschaft: „Die Branche ist wie kaum eine andere in ihrer Existenz und Ausgestaltung politisch so umstritten und musste immer gegen ein gewisses Image ankämpfen“, stellte sie fest. Es sei wichtig, dass es Verbände wie den iGZ gebe: „Der iGZ trägt maßgeblich dazu bei, den Ruf der Branche zu verbessern und für seriöse Arbeitsbedingungen zu sorgen.“

Abgrenzungsproblematik

Die aktuelle Rechtsprechung zur Abgrenzung der Arbeitnehmerüberlassung von Dienst- und Werkverträgen stellte anschließend Prof. Dr. Christiane Brors, Professorin für Arbeitsrecht an der Universität Oldenburg, vor. Den Fokus richtete sie dabei auf die Abgrenzungsproblematik insbesondere auch bei der Personalhoheit. Abgrenzbarkeit der Personalleistung, Abgabe der Personalhoheit und Haftung nach der übernommenen Verantwortung seien die entscheidenden Punkte, auf die bei der Vertragsgestaltung und -durchführung geachtet werden müsse, mahnte sie abschließend.

Erwerbstätigkeit

Was es bei der Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer in der Zeitarbeit zu beachten gilt, erklärte RAin Judith Schröder, Expertin für diese Fragen im iGZ-Rechtsreferat, in ihrem Beitrag. Im Vordergrund der Ausführungen standen arbeitserlaubnisrechtliche Bedingungen, wann beispielsweise denn überhaupt die Erwerbstätigkeit in der Zeitarbeit erlaubt sei.

Sprache zentrales Element

Mit der Frage „Wie kann die Flüchtlings-Integration gelingen?“ beschäftigte sich Andrea Tittel, stellvertretende Leiterin der Projektgruppe Asyl/Flüchtlinge der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg. Sprache, so die Referentin, sei das zentrale Element bei der Integration von Flüchtlingen. „Voraussetzungen für eine erfolgreiche Integration sind eine hohe Bleibewahrscheinlichkeit, vorliegende Qualifikationen, notwendige Sprachkenntnisse sowie hohe Lernmotivation und Arbeitswille“, erläuterte die Expertin. Das erfordere organisatorisch eine angepasste Ausrichtung der Arbeitsagenturen und Jobcenter wie etwa die Spezialisierung, Zugangsregelungen und Netzwerke.

Einschränkungen

Vor dem Hintergrund neuer europarechtlicher Entwicklungen beleuchtete RA Stefan Sudmann, Leiter des iGZ-Referats Arbeits- und Tarifrecht, die Einschränkungen der Zeitarbeit. „Bauhauptgewerbeverbot, vorübergehende Arbeitnehmerüberlassung, Verbot von Arbeitszeitkonten bei Überlassung von Malern und Zeitarbeitsverbot für Ausländer aus Nicht-EU-Staaten“, listete er die Einschränkungen auf.

Keine Beschränkung vorgesehen

Prof. Dr. Gregor Thüsing, LL.M. (Harvard), Direktor des Instituts für Arbeitsrecht und Recht der Sozialen Sicherheit der Universität Bonn, setzte sich vor dem Hintergrund der Inhalte des Koalitionsvertrages und des zu erwartenden Gesetzesentwurfs mit dem Thema „Equal Pay und Höchstüberlassungsdauer im Spannungsfeld von tariflicher Umsetzung und gesetzlicher Doktrin“ auseinander. Die EU-Richtlinie sehe jedenfalls keine Beschränkung der Dauer der Arbeitnehmerüberlassung an die Kundenunternehmen vor. Die EU-Mitgliedstaaten mussten bis Dezember 2011 überprüfen, ob möglicherweise bestehende Verbote oder Einschränkungen des Einsatzes von Zeitarbeit zulässig seien. Auch verfassungsrechtlich, so Thüsing, sei die Beschränkung nicht zu rechtfertigen.

Fremdvergabe geschützt

Sein Impulsreferat nutzte Prof. Dr. Jobst-Hubert Bauer (Gleiss Lutz Stuttgart) dazu, über „Die Wirtschaft braucht mehr Flexibilität – was macht die Politik daraus?" zu referieren. Aus Arbeitgebersicht sei nichts Gutes zu erwarten, orakelte Bauer. Angesichts der Vorhaben dränge sich der Verdacht auf, der Gesetzgeber wolle auf Druck der Gewerkschaften die legale und seiner Meinung nach verfassungsrechtlich geschützte Fremdvergabe („Outsourcing“) von Aufgaben – auch in Wertschöpfungsketten – durch bürokratische Hemmnisse und Verschärfung rechtlicher Risiken unattraktiv machen.

Podiumsdiskussion

Mit einer Diskussionsrunde zum Thema „Die Wirtschaft braucht mehr Flexibilität – Was macht die Politik daraus?" endete das 4. Potsdamer Rechtsforum. Auf dem Podium debattierten Karl Schiewerling MdB, arbeitsmarkt- und sozialpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Reinhard Dombre, ehemaliger DGB-Verhandlungsführer für Zeitarbeit, Sven Kramer, stellvertretender iGZ-Bundesvorsitzender, und Prof. Dr. Jobst-Hubertus Bauer, Gleiss Lutz Stuttgart. Moderiert wurde die Runde von FAZ-Redakteur Sven Astheimer, der auch durch die Veranstaltung führte. RA Dr. Martin Dreyer, stellvertretender iGZ-Hauptgeschäftsführer, richtete abschließend ein Schlusswort an die Teilnehmer. (WLI)