"18 Monate sind auf dem Basar entstanden"
Der Minister lenkte ein, signalisierte Gesprächsbereitschaft, bestand aber darauf Grenzen zu setzen: „Aufgrund unserer Erfahrungen mit der Zeitarbeitsbranche wollen wir sie nun neu regulieren“, betonte Schneider im Rahmen einer Podiumsdiskussion.
Diskussionsrunde
Anlässlich der Abschlussveranstaltung zum Projekt „Zeitarbeit – eine Brücke in den Arbeitsmarkt“ diskutierten in Dortmund neben Guntram Schneider und Sven Kramer auch Detlef Janke-Erler, Bereichsleiter Markt und Integration im Jobcenter Dortmund, Michael Hermund, Abteilungsleiter Arbeitsmarktpolitik beim DGB Bezirk NRW, und Wilhelm Oberste-Beulmann, BAP-Vizepräsident, zum Thema „Der Klebeeffekt – nur eine Sache von Zeitarbeitskräften, Zeitarbeits- und Kundenunternehmen?“ vor rund 250 Zuhörern. Die Soziale Innovation (SI) GmbH hatte das unter anderem vom iGZ mitfinanzierte Projekt realisiert. Vorab präsentierte SI-Geschäftsführerin Dr. Cordula Sczesny die Ergebnisse.
Langfristiger Bedarf
Schwerpunkte der Debatte waren die Weiterbildung von Zeitarbeitnehmern und der Koalitionsvertrag. Sven Kramer unterstrich: „Die anvisierte Höchstüberlassungsdauer von 18 Monaten ist auf dem Basar entstanden“. Zeitarbeitnehmer, so der stellvertretende iGZ-Bundesvorsitzende, werden dann von Kundenunternehmen übernommen, wenn langfristiger Bedarf herrsche – die 18 Monate würden dabei nicht interessieren. Laut Ergebnis des Projekts werden rund ein Drittel der Zeitarbeitskräfte erst nach 18 oder mehr Monaten im Kundeneinsatz ins Stammpersonal der Kundenfirmen übernommen.
Neu regulieren
Guntram Schneider betonte in diesem Zusammenhang mehrmals, die Politik wolle die Zeitarbeit weder abschaffen noch abwehren: „Aufgrund der Erfahrungen der letzten Jahre sehen wir einen Regelungsbedarf. Gleichwertige Arbeit muss auch gleich bezahlt werden.“ In diesem Zusammenhang bezeichnete Schneider den derzeitigen Mindestlohn in Höhe von 8,50 Euro als „Hartz IV deluxe“. Er schätze, dass ein Gesetzentwurf dazu im nächsten Jahr auf dem Tisch liege.
14 Tarifverträge
Kramer verwies den Arbeitsminister darauf, dass die Branche in den vergangenen zwei Jahren mit den Sozialpartnern 14 Tarifverträge zur Angleichung der Löhne abgeschlossen habe und eine weitere Regulierung völlig überflüssig sei: „Ich freue mich über die geplante Tariföffnungsklausel für die Regelung der Höchstüberlassungsdauer, das wünsche ich mir auch für Equal Pay“, regte er an.
Gleichbehandlung
Zur Qualifizierungsthematik äußerte Detlef Janke-Erler, Zeitarbeitsunternehmen wie auch Zeitarbeitskräfte seien für die Jobcenter „ganz normale Akteure am Arbeitsmarkt, Unterschiede werden nicht gemacht“. Allerdings werde darauf geachtet, dass die Unternehmen sich fair am Markt verhalten. Qualifizierungsanfragen gebe es nur vereinzelt, dann werde aber auch unterstützt.
Bessere Arbeitsqualität
Wilhelm Oberste-Beulmann erwähnte die seit 2008 angebotene PDK-Ausbildung – damit habe sich die Arbeitsqualität verbessert, und nun müsse nicht mehr in Quereinsteiger finanziert werden. „Ohne eine vernünftige Weiterbildung können wir unsere Mitarbeiter nicht langfristig einsetzen“, erläuterte er die Folgen von Nicht-Investition in Qualifizierung.
Nachweis
Sven Kramer listete die zahlreichen Schulungsmaßnahmen auf, die der iGZ und seine Mitgliedsunternehmen anbieten. Denkbar sei die Einführung eines Nachweises, wie viel Zeitarbeitsunternehmen in solche Maßnahmen investieren.
Offen für Diskussionen
„Ich bin positiv überrascht von den Weiterbildungsaktivitäten in der Zeitarbeitsbranche“, reagierte Minister Schneider darauf. NRW sei froh über jedes Unternehmen, das sich in der Weiterbildung engagiere. „Zeitarbeit muss ein Instrument sein, den Arbeitsmarkt weiter zu entwickeln und zu flexibilisieren“, zog Schneider ein Fazit. „Wir sind offen für alle Diskussionen, die zu mehr Qualifizierung führen“, ermunterte der NRW-Arbeitsminister zu mehr Mitsprache. (WLI)